HII – Vitamin-D-Mangel, Erpressung und Zibelemärit

 

Teil 1 der Geschichte gibt es hier nachzulesen, Teil 2 hier und Teil 3 hier.

 

Möglich könnte es schon sein, dass er am Morgen vergessen hatte, die Haustüre abzuschliessen. In letzter Zeit war er des Öfteren mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache, ein wenig zerstreut und motivationslos. Er hat deswegen schon einmal seinen Arzt aufgesucht, oder besser gesagt seinen ehemaligen Arzt. Dieser diagnostizierte bei ihm einen Vitamin-D Mangel, ausgelöst durch zu wenig Sonnenlicht. Als Behandlung empfahl der Arzt den Besuch eines Solariums. Das Abonnement könne er auch ohne Probleme der Krankenkasse verrechnen. Mit diesem Ratschlag und einem Flyer für ein auf Vitamin-D Aufbau spezialisiertes Solarium verliess er damals die Arztpraxis wieder. Auf dem Flyer stand: SolariDum bringt deinen Haushalt in Schwung. Er wusste nicht wirklich, was er mit diesem Werbeslogan anfangen sollte oder wie dieser genau zu interpretieren sei. Auf alle Fälle fand er nach kurzer Internetrecherche heraus, dass dieses Solarium zum einen der Frau von seinem Arzt gehört und zum anderen, dass ein Solariumbesuch höchstens bei der Bildung von Hautkrebs hilft aber nicht bei einem Vitamin-D Mangel. Auf Grund dieser Erkenntnisse entschloss er sich, seinen Arzt per sofort zu wechseln.

Die neue Woche begann stressig. Die wichtige Montagssitzung war, seinen samstäglichen Vorbereitungen zum Trotz, mehr Chaos als konstruktive Debatte. Als Krönung erhielt er noch einen Berg an Arbeiten, die er schnellstmöglich erledigen sollte. So ging es dann die ganze Woche weiter, bis es Freitagmorgen wurde. Er streift sich seinen blauen Mantel über, greift sich seine braune Ledertasche und verlässt die Wohnung. Am Freitag ist es immer ruhig im Büro. Die meisten arbeiten 80% und haben sich bereits am Donnerstag ins Wochenende verabschiedet. Er geniesst diese ruhigen Stunden, wo er abarbeiten kann, was sich im Verlaufe der Woche an Arbeit aufgestaut hat. Gegen Abend merkt er, wie sich seine Produktivität auf rasanter Talfahrt befindet und so entschliesst er sich, nach Hause zu gehen.

Dort angekommen, steht seine Haustüre einen Spalt weit offen. Dieses Mal ist er sich sicher, am Morgen die Türe abgeschlossen zu haben und zwei Mal innerhalb einer Woche die Türe vergessen abzuschliessen? Das passiert nicht einmal ihm. Vorsichtig stösst er die Haustüre auf und tastet sich nach vorne. Er erreicht den Lichtschalter, drückt drauf, doch nichts geschieht. Fünfmal widerholt er das ganze Prozedere doch an der Dunkelheit ändert sich nichts. „Verdammt“ flucht er vor sich hin. „Hallo, ist hier jemand?“ hört er sich sagen. Seine Stimme zittert leicht. Dann fällt ihm ein, dass er jetzt genau das gemacht hat, was ihn in den Filmen immer in Rage bringt. Hat den wirklich jemand das Gefühl, dass wenn sich ein Eindringling in der Wohnung befindet, dieser auf ein ‚Hallo, ist hier jemand?‘ mit ‚Ja hier ist jemand und zwar der Einbrecher von nebenan‘ antworten wird? Nicht wirklich, oder? Noch während ihm dies durch den Kopf geht, spürt er einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf und ihm wird schwarz vor Augen.

Als er seine Augen öffnet, weiss er nicht wo er ist. Rundherum ist es dunkel. Nur in der Mitte des Raumes baumelt eine einzelne flackernde Glühbirne. Er blinzelt einige Male, um seine Augen an das schwache Licht zu gewöhnen. Nach kurzer Zeit erkennt er mehr vom Raum, wobei Raum das falsche Wort ist. Vielmehr ist es ein Kellergewölbe mit Steinwand und Steinboden, circa drei auf drei Meter gross. Er sitzt auf einer Holzpritsche, unter ihm eine Wolldecke und ein Kissen. Ausser dieser Pritsche und der brennenden Glühbirne gibt es nichts im Raum. Er geht zur Türe und versucht diese zu öffnen. Nichts bewegt sich. Er fragt sich, wie lange er wohl schon hier drinnen ist. Eine Antwort auf diese Frage findet er nicht. Das Smartphone wurde ihm abgenommen und ein Fenster gibt es auch nicht. Er schlägt gegen die Türe und ruft einige Male laut „Hallo, Haaaaallo!!“ Wieder so ein sinnloser Versuch. Das Ziel von einem Kidnapping ist ja gerade, jemanden an einen Ort zu bringen, wo man den Gekidnappten weder sehen noch hören kann. Und ja, dass es sich um ein Kidnapping handelt, davon geht er schwer aus. Als einige Zeit lang nichts geschieht, legt er sich wieder auf die Holzpritsche und schläft ein. Er erwacht, als ein metallenes Geräusch zu hören ist. Er schaut zur Türe und sieht, wie sich ein Guckloch öffnet und eine warme Mahlzeit hineingeschoben wird. Er springt auf und ruft „Warten Sie! Waaarten Sie! Was wollen Sie von mir?!“ Zu spät. Das Guckloch ist schon wieder geschlossen. In Gedanken versunken isst er die Mahlzeit und schläft wieder ein. Immer wieder wacht er auf, manchmal um zu Essen, dann wieder um zur Abwechslung ein paar Kraftübungen zu machen. Er hat keine Ahnung, ob schon Samstag, Sonntag oder gar Montag ist.

Das Guckloch öffnet sich. Dieses Mal wird aber nicht etwas Essbares durchgereicht, sondern ein Stoffband. Eine Frauenstimme befiehlt ihm auf Hochdeutsch, er solle sich dieses um die Augen binden. Als er dies gemacht hat, öffnet sich die Türe und er wird von zwei starken Armen gepackt, ihm werden Handfesseln angelegt und es wird geschaut, ob die Augenbinde richtig sitzt. Die Frauenstimme meldet sich wieder uns sagt, er solle sich bewegen. Er ist verwirrt. Gehören die Frauenstimme und die starken Arme zusammen? Nach einem kurzen Marsch muss er sich auf einen Stuhl setzen. Er vernimmt die Stimme eines Mannes mit russischem Akzent. Die Frauenstimme antwortet. Also sind sie mindestens zu dritt, falls die Männerarme zur Frauenstimme gehören mindestens zu zweit. Der Mann mit dem russischen Akzent wendet sich ihm zu. Auf dem Weg ist die Augenbinde ganz leicht verrutscht und er kann durch einen kleinen Spalt erkennen, dass der Mann wohl eine Glatze haben muss und sehr wahrscheinlich eine rote Krawatte trägt. Sicher ist er sich aber nicht. In gebrochenen Deutsch sagt der Mann: „Wir wissen von euren geplanten Beschaffungen im IT-Sicherheitsbereich. Du erhältst nun eine Liste mit Dokumenten, die du uns ausdruckst, in ein Couvert steckst und an einer bestimmten Adresse in den Briefkasten wirfst. Falls nicht, werden wir die Geschichte mit dem verlorenen Memory-Stick leaken. Du weisst, dass du dann deinen Job verlieren wirst. Wenn du verstanden hast, nicke jetzt!“ In diesem Moment sausen tausend Gedanken durch seinen Kopf. Was wollen die? Woher wissen sie, wo er arbeitet? Und vor allem: Woher haben sie Kenntnis von der Geschichte mit dem Memory-Stick? Er nickt mit dem Kopf. Bevor er etwas sagen kann, erhält er wieder einen Schlag auf den Kopf und fällt in Ohnmacht.

Er spürt eine Hand an seiner Schulter. Erschrocken versucht er die Augen zu öffnen und den Angreifer abzuwehren. Doch seine Reflexe funktionieren überhaupt nicht. Nur langsam kann er sich aufrichten. Niemand wollte ihn angreifen. Drei Menschen stehen um ihn herum und fragen, ob alles in Ordnung sei. „Jaja, mir geht es gut. Ich habe nur ein kurzes Nickerchen gemacht.“ Verdutzt schauen sie ihn an, kratzen sich am Kopf und laufen davon. Er schaut sich um. Dunkel ist es. Er sitzt auf einer Holzbank mitten in der Stadt. Die Menschen drücken sich Schulter an Schulter durch die engen Gassen. Der Geruch von Zwiebeln liegt in der Luft. Da fällt ihm ein: Zibelemärit! Es ist Zibelemärit, also muss schon Montag sein! Sein zweiter Gedanke: Scheisse, ich habe das Spitzenspiel am Samstag verpasst! Spätestens jetzt ist er wach. Er fasst sich in die Hosentasche, findet dort aber kein Smartphone. Also fragt er den erstbesten Passanten, ob er ihm sagen könne, was seine Mannschaft am Samstagabend gespielt hat:

Resultat vom Heimspiel.

 

Yess! Unglaublich, die haben tatsächlich gegen den Erstplatzierten gewonnen! Wahnsinn! Er macht sich auf den Nachhauseweg. Dabei kommt er beim Marronistand vorbei und erschrickt. Dort drinnen steht tatsächlich ein Mann mit Glatze und roter Krawatte! Langsam kommt die Erinnerung zurück, was während den letzten beiden Tagen geschehen ist.

Der glatzköpfige Marronimann im Anzug.

 

Anmerkung: Einmal mehr musste der Chronist bei einem Spiel passen… Aber scheinbar war es total verrückt! Fragt doch beim Heimspiel vom kommenden Samstag 01.12.2018 16:00 Uhr DFH Sarnen einen von den unten aufgeführten Jungs, wie es lief!

 

Ad Astra Sarnen – ESV Eschenbach 11:10 n.P. (4:2, 3:6, 3:2)

Sporthalle, Alpnach Dorf. 40 Zuschauer. SR Müller/Schmutz.

Tore: 3. A. Kronenberg (M. Zemp) 0:1. 5. R. Christen (G. Amstutz) 1:1. 8. F. Gehrig (B. von Rotz) 2:1. 10. R. Christen (B. von Rotz) 3:1. 10. M. Zemp (A. Kronenberg) 3:2. 12. R. Christen (G. Amstutz) 4:2. 22. C. Bühlmann (J. Camadini) 4:3. 29. A. Camadini (C. Mathis) 4:4. 30. M. Zemp (A. Kronenberg) 4:5. 31. J. Camadini (C. Bühlmann) 4:6. 33. J. Camadini (A. Kronenberg) 4:7. 33. D. Keller 4:8. 34. R. Arregger (R. Isler) 5:8. 38. G. Amstutz (R. Christen) 6:8. 38. T. Lengen (G. Amstutz) 7:8. 50. T. Lengen (G. Amstutz) 8:8 52. S. Anderhub (C. Mathis) 8:9 60. M. Zemp (S. Anderhub) 8:10. 60. T. Lengen (R. Christen) 9:10. 60. G. Amstutz (R. Christen) 10:10.

Strafen: 4mal 2 Minuten gegen Sarnen. 4mal 2 Minuten gegen Eschenbach.

Sarnen: M. Bucheli; R. Durrer, L. Abächerli, R. Isler, M. Schäli, J. Wintsch; R. von Wyl, M. Furrer, T. Lengen; G. Amstutz, F. Gehrig, R. Arregger, B. von Rotz, R. Flühler, P. Küng, R. Christen, T. Lustenberger

Eschenbach: Y. Konzelmann, S. Rebsamen; J. Koller, S. Anderhub, M. Zemp, M. Amrein, D. Schwegler, A. Kronenberg, Y. Buholzer, B. Estermann, L. Kronenberg, C. Mathis, M. Birrer, C. Bühlmann, A. Camadini, D. Keller, J. Camadini, M. Bucher, A. Ziswiler, P. Rüttimann

 

Victory! (Foto: Simon Abächerli)